DER GUTE HIRTE

Psalm23

„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führt mich zum frischen Wasser. Er erquickt meine Seele. Er führt mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.

Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein.

Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Haus des Hessen immerdar.“

Diese Worte sind größer als der Augenblick. Mehr als nur Spaß, Lust oder Frust. Worte fürs Leben. Manche können diesen Psalm auswendig. Er ist gut zum Merken. Zum Festhalten und irgendwie tröstlich. Wer so von Herzen reden und glauben kann, kommt durchs Leben und findet auch durch finstere Täler hindurch. Für Gott, den Unnennbaren, den man nicht begreifen kann, wird ein poetisch pastorales Urbild benutzt, das Bild vom Hirten, der seine Schafe hütet, die Herde umsorgt, um sie herum ist und die Schar als Ganzes wie jeden einzelnen im Blick hat.

Unser Umfeld ist heute anders geprägt. Viele Bilder sind verschwunden. Nicht das vom Guten Hirten. Es ruht und schlummert in uns. Es ist ein Bild der Sehnsucht und kindlichen Vertrauens, und das alles in einer Sprache, die einen unmittelbar berührt wie Poesie, und doch mehr ist als ein Gedicht. Da hat sich etwas verdichtet, nämlich Erfahrungen, die Menschen vor uns gemacht haben. Die neugierig machen und den Wunsch wecken: Ach, könnte ich das doch auch so erfahren, oder meine Kinder, meine Enkel. Gott als Hirte, als mein Hirte, der um meine Bedürfnisse weiß, auch um meine Ängste und Sehnsüchte.

Es geht um Essen und Trinken, aber auch um die Erquickung der Seele, denn auch sie darbt, trocknet aus, hängt durch und fällt in Tiefen bei uns gottvergessenen Menschen. Der göttliche Hirte weiß darum und zeigt Wege in einer unwegsamen Welt, wo meine, da geht nichts mehr, alles ist verrammelt und verriegelt. 

Ein Psalm voller Bilder, die fürs Vertrauen stehen und Dir sagen wollen: es ist wirklich so. Du kannst Gott vertrauen, er ist verlässlich und Deines Vertrauens und Deiner Lebenshingabe würdig. Mit Vertrauen, mit Gottvertrauen kommst Du durch. Und dabei müssen wir nicht verschweigen, dass es Tiefen, Abgrundtiefen gibt, vor denen Menschen stehen und in die wir fallen können. König David, dem dieser Psalm zugeschrieben wird, ist Realist genug. Er muss nicht drum herum reden, dass es Unglück gibt, Unsagbares, dass Angst gibt, dass es Feinde gibt, die einem ans Leben wollen. Christen sind nicht dagegen gefeit und „schutzgeimpft“. Nein, es kann einem unendlich viel passieren, aber im Grunde kann uns nichts geschehen. Denn da ist einer, der mitgeht „im finsteren Tal“, wenn`s denn sein muss bis zur Talsohle, wo`s dunkel ist und weh tut.

Der gute Hirte geht mit, er geht hinauf nach Jerusalem, lässt sich gefangen nehmen, verurteilen und ans Kreuz schlagen. Warum tut er das? Einmal aus Pflicht, wie es jeder Hirte tut, der sich um seine Herde sorgt, und dann vor allem aus Liebe. Weil er Dich mag. Und Du unendlich wichtig und wertvoll bist für ihn.

Wenn er auf uns schaut, sieht er viele Mutlose und zutiefst Unglückliche. Menschen, die bedrückt sind, denen der Wohlstand nur aufgemalt ist. Depression und Angst nehmen zu. Für viele, auch junge Menschen, wird die Welt dunkel und eng, und das, obwohl Strategien entwickelt und Bücher darüber geschrieben werden, wie man das Leid vermeiden kann, ja dass es Leid gar nicht geben dürfte. Bedürfnisse seien sofort zu befriedigen und Ansprüche auf der Stelle zu erfüllen. Spaß am Leben wird eingefordert wie ein Grundrecht. Und Freiheit natürlich grenzenlos. Kommt einem das Glück aber nicht über den Weg gelaufen, hat man das Recht, einen Schuldigen zu benennen. Auf jeden Fall Gott, der so viel Leid zulässt und den man eh nicht begreifen kann und will. Die Folge ist eine tiefe Unordnung in der Seele vieler Menschen.

Wir alle, ob gläubig oder eher skeptisch, kirchlich gebunden oder mehr auf Abstand:

Wir brauchen den Guten Hirten, die Begegnung mit ihm, und dass er unsere Wunden berührt und heilt.

Der Herr ist mein Hirte – er sorgt für mich – er führt mich – er ist bei mir – er tröstet mich – und bringt mich ans Ziel.